….und die schrecklichste Viertelstunde 2020.
Ich bin traumatisiert, immer noch.
Von Vorne.
Selbstverständlich schleppe ich zusätzlich zu meiner Verschönerungs - Ausrüstung immer Kleenex mit. Ohne Kleenex ist ein Make-up- Artist ja quasi nackt. Sie liegen bei mir oben auf der All - In - Krims - Krams - Tasche. Nach einem Bremsmanöver gerne auch mal unter dem Beifahrersitz. Oder auf dem Gehweg. Im Treppenhaus. Im Foyer, im Aufzug u.s.w. Wie bei Hänsel und Gretel. Aha, da bin ich lang gegangen. Kleenex, Q-tipps, Haarnadeln und diverser Kleinkram weisen mir den Weg zurück zum Auto
Wenn ich sie mal wieder verloren habe, gibt es in Studios und Hotels immer Ersatz.
Aber eben nicht immer.
Diese Woche! Ist es passiert. Aber lest selbst.
Tatort Aussendreh! Ein parkähnlicher Garten mitten im schönen Kölle. Leichte, aber frische Brise von Nord-West. Der Toningenieur rauft sich die Haare. (Wegen der Brise) Der Hauptakteurin läuft die Nase und die Augen tränen. (Wegen der Brise)
Der Dreh läuft gut und in etwa so: „Cut …. und „Kleenex“ samt Haarspray für die Schauspielerin.Weiter geht´s mit:
Kamera? … Läuft! Ton? … Läuft! Nase?.... Läuft! Klappe und „Bitte“.
In diesem Fall ist es eine Grande Dame des deutschen Fernsehens. Sie ist ein wahrhaft bezaubernder Vollprofi mit eiserner Disziplin und, natürlich, sieht sie toll aus. Aber auch ein Super- Profi hat keinen Einfluss auf die Fließtätigkeit von Nase und Augen. (Bei dieser Brise). Mein Fürsorgetrieb läuft zur Hochform auf. Das linke Auge klebt am Monitor, das Rechte an der Nase der Fernseh-Legende.
Nach etlichen Cut´s und Kleenex, wird meine Schachtel verdächtig leicht. Kurzer Blick in die Schachtel! Kreisch! Noch 2 mal zupfen, dann war´s das.
Es bricht die schrecklichste Viertel-Stunde des Jahres 2020 an. Schweißausbruch, Herzbeben und Kammerflimmern. Mir ist klar: “Du bist geliefert. Das ist dein Ende! Auf deinem Grabstein wird stehen „Hier liegt sie, die Schande der Maske … ohne Kleenex.“ Selbst schuld!
Hektischer Blick am Set. Nur 2 Frauen! Marie-Luise und ich. Nur Küchenkrepp!!! Und Männer … und das ganze Technik-Zeugs.
Dem Untergang und der Schmach geweiht, Handy im Flugmodus, ohne softes Papiertuch. Die Make-up- Apokalypse.
Meine Gedanken rasen. Kein Drogerie-Markt weit und breit. Nur eine schwarze Katze, auch noch von links, und das am 13. Nein, ich bin nicht abergläubisch. Ich doch nicht. Nie nicht. Die Gedanken rasen schneller. Mein Puls auch.
Die Nase tropft.
Dann!
Geistesblitz! Die Tante arbeitet in einem Büro. Auf der anderen Straßenseite. Letzter Blick auf Nase und Haare. Sprint um die Ecke.Keuch und Hechel. Handy an. Notruf absetzen. Die Tante ist da!! Jauchzet und frohlocket. Sie hat Kleenex!!! Der Stein, der mir von Herzen fällt, ist so groß wie der Drachenfels.
Cut, letztes Tüchlein, und Mittagspause. Alle streben durch gefröstelt (selten war mir so warm ums Herz) den kulinarischen Freuden eines wohlverdienten Mitttagessens entgegen.
Da steht sie. Am Eingang. Meine allerliebste Tante. Wie ein Engel. Fehlen noch Flügel und Heiligenschein. Mit einer Packung Kleenex. Die tollste Packung Kleenex, die ich je gesehen habe! Meine Tante ist auch die Tollste, ganz gewiss, aber heute ist sie eine Offenbarung.
Was soll ich sagen? Nach der Mittagspause ist die berühmte Nase nicht mehr gelaufen. War klar, oder?
Diese Packung Kleenex gieße ich in Kunstharz. Sie wird mir künftig eine Mahnung sein. Immer genug davon einzupacken.
Cut, Klappe, Kaffee und einen schönen Sonntag für euch alle.
Besonders für Dich, meine allerliebste Irene. XOXO
P.s. Morgen fahre ich mit einem Anhänger zum Drogerie-Markt. Kleenex kaufen, falls noch welche da sind. Das To- Papier wird ja auch gerade wieder rationiert.
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